Multiple Krisen können zum Super-Gau führen

Die Weltbörsen konnten sich zwar gegen Ende der vergangenen Handelswoche erholen, aber es ist fraglich, wie nachhaltig diese Erholung sein kann. Es mehren sich die Anzeichen, das sich die Weltkonjunktur abschwächt und sich die Probleme in der Welt zu einer „Monsterwelle“ anhäufen, die bald nicht mehr kontrollierbar ist. Sehr symbolträchtig ist dafür auch der Monster-Blizzard in den USA, der 70 Mio. US-Haushalte und die US-Wirtschaft lahm legt. Das Ergebnis der multiplen Krisen wäre dann nicht nur ein Aktien-Crash, sondern auch ein System-Crash. Auch der Weltwirtschaftsgipfel in Davos ist mehr ein Krisen-Gipfel ohne Visionen, der nachdenklich macht.

Wirtschaftsexperte_Andreas-MaennickeIWF warnt vor globalem Finanz-Crash und Bürgerunruhen

Der Internationale Währungsfonds (IWF) warnte schon oft vor einer Crash-Gefahr für das globale Finanzsystem aufgrund der Anhäufung von geopolitischen und wirtschaftlichen Krisen, so jetzt auch wieder zu Jahresbeginn. Er warnt aber auch vor Bürgerunruhen in einigen Ländern, wo die Vermögensunterschiede besonders groß sind. Die multiplen Krisen können zum Kontrollverlust führen. Was dann passiert, erleben wir gerade in Deutschland mit der Flüchtlingswelle, wo der Staat die Kontrolle und den Überblick über Recht und Ordnung zu verlieren scheint.

Der Baltic-Dry-Index für Frachtraten ist auf dem niedrigsten Stand aller Zeiten, jetzt sogar unter dem Niveau von 2009. Der Welthandel ist also schon lange rückläufig, allerdings steigt noch das Welt-BSP. Aber auch hier reduzierte der IWF jetzt seine Wachstumsprognose. Nur für Deutschland sieht der IWF gute Wachstumschancen. Aber auch der IWF liegt mit seinen Prognosen oft daneben.

Warnende Stimmen auch aus Davos

Beim Weltwirtschaftsgipfeln Davos gibt es auch mehr nachdenkliche Stimmen, auch was die Zukunft Europas angeht. Der neue Deutsche Bank Chef John Cryan, der gerade den größten Verlust der Deutschen Bank AG mit über 6 Mrd. € zwar nicht zu verantworten hat, aber kommentieren und rechtfertigen muss, hält in 10 Jahren den bargeldlosen Geldverkehr für eine realistische Vision. Wenn das schon die wenigen Visionen aus Davos sind, kann man sich vorstellen, wie rat- und hilflos die Wirtschaftskapitäne der Welt im Moment sind.

Nachdenklich und ratlos machen aber auch die geopolitischen Krisen, vor allem in Syrien, wo sich nicht nur Saudi-Arabien und Iran, sondern auch die USA und Russland feindlich gegenüberstehen. Dabei müssten sie zumindest bei dem Kampf gegen den IS, was zunehmend ein globaler Kampf sein wird, an einem Strang ziehen. Dies scheitert aber schon an der Klassifizierung, was ein („gemäßigter“?) Terrorist ist und was nicht. Die russische Notenbank-Chefin sagte ihren Besuch in Davos ab, weil es im eigenen Land zu viel zu tun gibt, um eine Finanz-Katastrophe zu verhindern.

Europa steht vor der Zerreißprobe

Viele Länder in Europa werden in diesem Jahr vor großen „Herausforderungen“ stehen, die sie möglicherweise überfordern werden wie Portugal mit einer Verschuldung von 130 Prozent zum BSP, mit Italien mit einer ebenso hohen Verschuldung, mit der Türkei und mit Griechenland mit ganz anderen hausgemachten Problemen. Zudem wird das Flüchtlingsproblem zum Sargnagel für Europa, wenn die Grenzen nach und nach überall geschlossen werden sollten. Recht und Ordnung gibt es schon lange nicht mehr, wobei das „Antanzen“ der Nordafrikaner zur Silvesternacht nur das I-Tüpfelchen eines schleichenden Prozesses des Verlusts der staatlichen Gewalt und Kontrolle war.

Die nächsten Landtagswahlen in Baden-Württemberg werden bereits eine deutliche Sprache sprechen. Der Schutz der Außengrenze in Griechenland und der Türkei gestaltet sich schwierig. Das Flüchtlingsproblem wird aber zunehmend auch zu einem Finanzierungsproblem in Europa werden, denn Integration und Sicherheit kostet viel mehr Geld als man glaubt und einplant. Zudem fehlt das Personal dafür.

Europa steht auch vor dem Scheideweg

Österreich, Schweden und Dänemark machen schon die Grenzen dicht. Viele Bürger in Deutschland fordern dies nun auch von Angela Merkel. Polen vollzieht gerade den gleichen Rechtsrutsch wie Ungarn zuvor. Die Europäische Union (EU) wird demnächst im Februar vor der Zerreißprobe der wenigen Merkel-Willigen und vielen -Unwilligen stehen. Eine Europa-Krise folgt der nächsten, bis die „Monsterwelle“ kommt. Die Verschuldung in Europa wird weiter ansteigen. Die schwarze Null beim Haushalt in Deutschland gerät in Gefahr. Finanzminister Schäuble denkt schon über eine neue Benzinsteuer nach.

Wie lange retten die Notenbanken noch das fragile Finanz-System?

Bisher haben die Notenbanken das globale Finanz-System durch ihrer „Drogenpolitik“, also mit Geldrucken und Anleihenaufkäufen gerettet. Aber es bestehen Zweifel, dass dies in der Zukunft ausreichen wird, um einen Finanz-Kollaps zu vermeiden. Wenn die Probleme weltweit zu groß werden, und aus Herausforderungen Überforderungen werden, können wohl auch die Notenbanken nicht mehr für den notwendigen Ausgleich sorgen und die Politiker werden auch immer macht- und ratloser. Es nimmt dann der Kontrollverlust zu. Vor großer Bedeutung wird es sein, wie stark die Wirtschaftsabschwächung in den USA und in China in diesem Jahr tatsächlich sein wird und hier gehen die Meinungen sehr stark auseinander. In den USA waren die Einzelhandelsverkäufe im vierten Quartal so schlecht wie 2009.

Hochzinsanleihen in Gefahr

Zu einer zunehmenden Belastung werden nun auch die Verluste bei Hochzinsanleihen. Die Krise startete bei den Fracking-Unternehmen, die sich bei Ölpreisen von unter 40 USD nicht mehr refinanzieren können und daher auch Pleite gehen können. Hier geht es in der Summe um einen 200 Milliarden US-Dollar Junk Bonds-Markt, der nun droht, zu platzen bzw. pleite zu gehen. Dann hängen nun wiederum eine ganze Reihe von Hedgefonds und Schattenbanken, die falsch liegen. Die „Margin-Calls“ werden auch im Wertpapierbereich in den USA und in China zunehmen. Wenig transparent ist zudem nach wie vor der Derivate-Markt, der austrocknen könnte. Hier ginge es dann nicht um Milliarden, sondern um Billionen US-Dollar, die über Nacht verschwinden könnten – so wie in 2008 nach der Lehman Brothers Pleite.

USA mit getürkten Zahlen

Der gegenwärtige Jahrhundert-Blizzard in den USA, der über 70 Mio. Haushalte lahm legt, ist symbolträchtig. Die Klimakatastrophen nehmen zu, was auch ein gewaltiger volkswirtschaftlicher Faktor ist. Die Unternehmensgewinne nehmen in den USA schon lange ab, die der US-Energiekonzerne sogar dramatisch, was Goldman Sachs veranlasste, auch einen Crash in den USA zu prognostizieren. Wal Mart will 16.000 Mitarbeiter entlassen.

Die Zinserhöhung der amerikanischen Notenbank FED kam offensichtlich zu früh. Die US-Arbeitsmarktdaten, auf die Präsident Obama bei seiner letzten Ansprache zur Lage der Nation stolz verwies mit 5 Prozent Arbeitslosenquote, muss auch relativiert werden. Zu einem werden dabei auch Hilfsjobs und Teilzeitbeschäftigungen einberechnet, zum anderen nimmt die Partizipationsrate ab, also die Rate derjenigen, die eine Arbeit suchen, ab. So liegt die wahre Arbeitslosenquote nach deutscher Zählweise bei etwa 10 Prozent und unter Berücksichtigung aller Arbeitsfähigen sogar bei über 20 Prozent. Die gestiegene Zahl der Lebensmittelkarten für die Mittellosen bestätigt diesen Trend.

China mit getürkten Zahlen

China meldete ein BSP-Wachstum von 6,9 Prozent für das vierte Quartal 2015. Dies war zwar das schlechteste BSP-Wachstums-Ergebnis seit über 20 Jahren, aber es war auch erwartet worden.
Die chinesischen Unternehmen haben sich in den letzten Jahren zu stark verschuldet. Zudem ist das Problem der Schattenbanken in China noch nicht gelöst. Der Aktienmarkt crashte schon im letzten Jahr durch einen Retail-Bubble von ahnungslosen Anlegern, die sich sogar übermaßend verschuldeten, um am Aktien-Boom teilzuhaben, was ein typischer Anfängerfehler ist. Millionen von Privatanlegern haben sich sprichwörtlich in China „verzockt“, was die Regierung zuvor sogar mit zu leichtfertiger Kreditvergabe unterstütze. Dies dürfte auch den Konsum in China in Zukunft belasten.

Russland leidet unter dem stark gefallenen Ölpreis besonders

Auch einige russische Großkonzerne werden bei diesen Rohstoffpreisen Verluste machen und wer sich zu hoch verschuldet hat, wird Staatshilfe beanspruchen und/oder eigene Assets notgedrungen verkaufen müssen. So verkauft Petrobras im Moment die eigenen Tankstellen, um zu überleben. Unter den gefährdeten Unternehmen könnten auch Gazprom und Rosneft fallen, die beide über 50 Milliarden US-Dollar Schulden haben und die ohnehin von der Fremdfinanzierung im Ausland durch die Sanktionen ausgeschlossen sind. Die großen Investitionsprojekte werden auf Eis gelegt, was auch das Wachstum mindert. Viele Arbeitsplätze sind jetzt in Gefahr.

Kräftige Kurserholung an den Weltbörsen nur ein Strohfeuer?

Es gibt zudem Déjà vu-Erlebnisse mit den Jahren 1969, 1974, 1987 und 2000. Der nächste Crash dürfte alle vorangegangen Crashs aber übertreffen. Zu befürchten ist sogar eine „Monsterwelle“, die zum System-Crash führen kann. Seit Mai 2015 ging an den Weltbörsen etwa 15 Billionen US-Dollar verloren, wobei seit 2011 etwa 30 Billionen US-Dollar hinzugewonnen wurden. Aber es geht bekanntlich immer viel schneller und dynamischer runter als rauf.

Super-Mario und der gestiegene Ölpreis machen wieder Hoffnung

Einerseits beflügelte am Donnerstag der Chef der Europäischen Zentralbank Mario Draghi etliche internationale Börsen, anderseits gab es eine kräftige Erholung beim Ölpreis am Freitag. Dennoch dürfen wir nicht die Augen verschließen, dass die Welt weiterhin vor großen Herausforderungen steht. Aus Herausforderungen können aber auch Überforderungen werden. So droht Europa die Spaltung und regional sogar auch ein Bürgerkrieg, wenn das Flüchtlingsproblem nicht bald gelöst wird.

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Jahresrückblick 2015 und Jahresausblick 2016

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