Ausgerechnet am Freitag, den 13. November, wurde die Welt durch einen neuen brutalen Terroranschlag mit 132 Toten und 99 Verletzten geschockt, der in der Machart sehr an den Terroranschlag im Januar 2015 auf das Redaktionsbüro von Charlie Hebdo erinnerte. Vermutet werden hinter dem Terroranschlag IS-Krieger. Frankreich führte wieder Grenzkontrollen ein. Das Freundschaftsspiel Frankreich gegen Deutschland geraten ebenso wie die Börsenkurse bei einem solchen Ereignis in den Hintergrund.
Wer steckt hinter den Terroranschlägen und wie geht es jetzt weiter?
Am Donnerstag wurde bereits bei einer Autokontrolle in Bayern ein Auto mit 8 Kalaschnikows, 2 Revolvern und 2 Handgranaten gefunden. Der 51-jährige Autofahrer schweigt bisher. In London wurde ein Terminal wegen Terrorgefahr geschlossen. Ein Franzose mit einem Revolver wurde festgenommen. Paris erlebte am 13. November ihren „11. September“. Es gab 7 Anschlagsorte in Paris von 3 miteinander abgestimmten Teams, die angeblich aus Syrien, Belgien und Frankreich stammen. Ein Terrorist ist noch auf der Flucht. Es wurde wohl auch bei einem Terroristen versucht, ins Fußballstadion in Paris einzudringen, der eine Eintrittskarte hatte. Hier wurde eine größere Katastrophe durch den Ordner verhindert.
Erdogan als zweifelhafter Partner bei der Terrorbekämpfung und Flüchtlingspolitik
In Belgien gibt es 500 Dschihadisten, die auch bereit sind, sich selbst umzubringen. Auch in Belgien gibt es die Ghettorisierung von Ausländern, besonders von Moslems. Auch beim G 20 Treffen am Wochenende in der Türkei war die Bekämpfung des Terrorproblems das Hauptdiskussionsthema, wobei die Türkei mit der PKK eigene Erfahrungen gemacht hat. Die Türkei will aber Assad stürzen und unterstützt dabei – angeblich – sogar die IS-Krieger. Man muss sich dabei aber immer fragen, welche geopolitischen Machtinteressen bei der oft völkerrechtswidrigen „Einmischung“ dahinter stecken.
In Istanbul wurde angeblich ein groß angelegter Terroranschlag während des G 20-Gipfels vereitelt. Erdogan will auch eine Islamisierung der Türkei und entfernt sich dabei immer mehr von Atatürk, ist aber ein wichtiger Partner bei der Flüchtlingspolitik. Auch die Türkei ist ein sehr gespaltenes Land zwischen westlichem Fortschritt und traditionell-religiösem Rückschritt. Auch Erdogan setzt auf Härte gegen den Terror und bekämpft dabei die PKK, die wiederum erfolgreich gegen die IS kämpft. Geht es paradoxer?
Terrorursachenforschung bleibt oft auf der Strecke
Präsident Hollande titulierte die Terroranschläge des IS als „Kriegsakt“, der vom Ausland aus geplant war, gegen die westlichen Werte, gegen Freiheit und die Demokratie, wobei hier der amerikanische Präsident Obama und die deutsche Bundeskanzlerin Merkel bei ihren Beileidskundgebungen Ähnliches äußerten. Auch der Bundespräsident Gauck sprach von Opfern einer „neuen Art von Krieg“ durch Mordbanden und Terroristen. Der Islamische Staat bekannte sich auch zu dem Terroranschlag, wobei das auch bei dem Flugzeugabsturz der russischen Maschine der Fall war, wo man nun einen Bombenanschlag von IS-Kämpfern vermutet. Man darf dabei aber auch nicht vergessen, dass die Vororte von Paris nach wie vor ein Pulverfass sind, wo sich fundamental geprägte Terroristen leicht verstecken können.
Hollande erklärt den Ausnahmezustand und spricht von „Krieg“ gegen westliche Werte
Hollande erklärte den Ausnahmezustand für ganz Frankreich – möglicherweise für 3 Monate – und das bedeutet, dass die Grenzen wieder strenger kontrolliert werden, Versammlungen ohne Gerichtsbeschluss verboten werden können, aber auch dass Razzien ohne Gerichtsbeschluss in Frankreich stattfinden können. Nun kann es aber so sein, dass der Bündnis-Fall der NATO ausgerufen wird und dann müsste auch Deutschland aktiv im Krieg gegen den IS sind Syrien und im Irak der Fall sein. Frankreich und die USA haben sich auf konkrete militärische Maßnahmen bereits geeinigt ohne zu sagen, was sie damit konkret meinen. Wahrscheinlich werden die IS-Krieger jetzt stärker in Syrien bombardiert werden.
Syrien im Fegefeuer der Kritik: wer berichtet aber objektiv darüber?
Syrien selbst entstand als Kolonialstaat und war zuvor wechselweise stark unter britischem und französischem Einfluss, die das osmanische Reich nach dem Weltkrieg mehr oder weniger willkürlich aufgeteilt haben. Zuvor war Syrien Teil des Osmanischen Reiches, aber auch von Ägypten. Die jeweiligen Einflüsse der Türkei, die Assad stürzen wollen, aber auch Saudi-Arabien und des Irans sind auch heute noch erkennbar, so dass es sich auch hier um einen Stellvertreterkrieg Schiiten gegen Sunniten handelt, den es schon lange im arabischen Raum, aber auch in Pakistan gibt.
Schiiten sind die Anhänger, die als Nachfolge von Mohamed nur die familiären Nachfolger der Familie Mohamed Ali akzeptieren; die Mehrheit und damit die Sunniten akzeptieren auch andere Kandidaten wie den Propheten Sunna (daher Sunniten). Die Sunniten lehnen die Heiligenverehrung und Märtyrerkult der Schiiten ab. Die Schiiten fühlen sich als Opfer von Sunniten. 80 bis 90 Prozent der Moslems auf der Welt sind Sunniten. Nur in wenigen Ländern sind die Schiiten in der Mehrheit und dies ist im Iran, Irak und Bahrein der Fall.
Bei fast allen anderen Ländern sind die Sunniten in der Mehrheit. Bei den Schiiten sind die sogenannten Zwölfer-Schiiten wiederum die Mehrheit, die an eine Widerkehr des im neunten Jahrhundert im Samarra verschwunden zwölften Imans glauben, der die Welt retten soll. Ajatolla Chomeini machte diese Glaubensrichtung seit 1979 zur Hauptrelegion im Iran. Die Mehrheit in der Türkei sind Sunniten; es gibt auch Alawiten in der Türkei. Über die Türkei gelingt es auch heute noch Öl des IS-Staates zu verkaufen. Warum wohl?
Assad als Alawit ist nicht einzige Brandstifter in Syrien
Unter den Schiiten gibt es aber auch „Geheimreligion“ wie die Ismailiten, die als Siebener-Schiiten bezeichnet werden und im Libanon leben und die Alawiten, zu dem der syrische Staatschef Baschar al-Asad zählt. Obwohl sie untereinander oft zerstritten sind, unterstützen die Hisbollah aus Libanon und auch die Iraner sowie Assad beim Kampf gegen die Sunniten im Syrien. Saudi-Arabien versteht sich als Schutzmacht der Sunniten, der Iran aber als Schutzmacht der Schiiten. Früher dachten einige, auch die Amerikaner, die Sunniten gehören zu den „Guten“ und die Schiiten (also Iran und der Irak) zu den „Bösen“. Heutzutage ist dies unklar.
Viele Stellvertreterkriege machen den Nahen Osten zum Pulverfass
Beide Moslemgruppen konkurrieren um die Vorherrschaft im Nahen Osten durch ein Reihe von Stellvertreterkriegen wie Israel gegen Palästina, Saudi-Arabien gegen Jemen (mit fortwährenden Bombenanschlägen in Jemen seitens von Saudi-Arabien, von den USA unterstützt) und auch in Syrien/Irak. Grob gesagt unterstützen die USA bei dem Machtkampf aus welchen Gründen auch immer die Sunniten und Russland die Schiiten. Insofern handelt es sich auch um einen Stellvertreterkrieg USA gegen Russland im arabischen Raum, aber auch in der Ukraine. Saudi-Arabien wird durch die USA unterstützt und der Iran durch Russland. Der Iran und Russland unterstützen wiederum Assad (also Schiiten) im Kampf gegen die Rebellen. Dabei zeigt sich, dass ein Krieg immer eine Kapitulation der Konfliktlösungsbereitschaft der Menschheit ist.
Machtwechsel im Irak mit amerikanischer Unterstützung
Im Irak sind 60 Prozent der Bevölkerung Schiiten und nur ein Drittel Sunniten. Der frühere Machthaber Saddam Husain war Sunnit und er unterdrückte die Schiiten. Nach dem Irakkrieg wurden umgekehrt auch seitens der Amerikaner einseitig die Schiiten auch mit Waffen gefördert und Sunniten unterdrückt, was ein folgenreicher, strategischer Fehler war der USA.
So entstand mittelbar auch mit amerikanischer Hilfe ein neuer IS-Staat der Sunniten. Die IS-Krieger sind also eine sunnitische Extremgruppe, die Schiiten als Ketzer ansieht und sie daher umbringen will, ebenso wie Christen und alle anderen „Ungläubigen“. Hier wird es höchste Zeit, dass die USA mit ihren Geheimdiensten auch die Finanzierung des IS genau untersuchen, um zu versuchen, es zu unterbinden. Dabei sollten die US-Geheimdienste aber auch gegen Saudi-Arabien, Katar und der Türkei aktiv vorgehen, wenn hier Verdachtsmomente bestätigt werden. Dies geschieht bisher aber leider nicht, was auch die Öllieferungen der IS über die Türkei betrifft.
Extrem-radikale Sunniten als Hautproblem des Terrorismus
Die extremen Sunniten müssen daher unter verstärkte Beobachtung im In- und im Ausland. Dazu zählen auch die Dschihadisten, also militante Salafisten, die einen reinen Gottesstaat anstreben und die bereit sind, sich dafür selbst umzubringen, weil sie dann ins Paradies kommen. Die Dschihadisten sehen die westliche Lebensweisen und vor allem die Freiheiten der Frauen, aber auch von Musikrichtungen und Sportarten, als Perversion und wollen diese mit allen Mitteln bekämpfen. Hier haben die Islamischen Schulen viel vor sich, um die „richtigen Botschaften“ des Korans herauszufiltern und zu lehren. Die Auseinandersetzung der Moslems untereinander ist zwingend notwendig, auch zur effizienten Terrorbekämpfung. Dazu zählen aber Sozial-Programme und Ausbildungsorgane für Jugendliche von 20 bis 35, da hier die meisten Terroristen sich zusammentun um die Lehren Mohammeds zu verteidigen und im Auftrag von Allah sich und andere zu töten, was ein Wahnsinn ist.
Unterdrückungen der Sunniten oder Schiiten als weiteres Hauptproblem im Nahen Osten, auch in Ägypten
Die USA müssen aber auch dazu übergehen, die Sunniten und Schiiten gleichermaßen wirtschaftlich zu fördern. Zudem hat die Entwicklungshilfe bisher versagt, die viel zu wenig ist, auch zur Unterstützung der Flüchtlingslager im Libanon, in Jordanien und der Türkei.
Sicherlich ist der gegenwärtige Staatschef Assad nicht frei von Schuld, was die brutalen kriegerischen Auseinandersetzungen im eigenen Lande angeht. Aber es sind zweifelsfrei auch vom Ausland unterstützten terroristische Aktionen, die das Land ins Chaos führten. Vor diesem Bürgerkrieg war Syrien noch einer der tolerantesten Länder im arabischen Raum, wo auch Christen ihre Religion frei ausüben konnten.
Auch soziale Probleme in den „Parallelwelten“ beachten
Dies ist also auch ein soziales, gesellschaftliches Problem, ebenso wie in Belgien. In Zukunft sollten zur „Terrorbekämpfung“ auch die sozialen Problem in den Vororten von Großstädten beachtet und beseitigt werden, damit dort nicht Dschihadisten herangezogen werden. Ein noch härterer und stärkerer Überwachungsstaat ist da nicht unbedingt das probate Mittel, um die Terrorgefahr zu bekämpfen. Eigenartigerweise ist Frankreich schon vorher das Land mit der am weitest gehenden Vorrats-Datenspeicherung in Europa, was aber auch den Terroranschlag nicht verhindern konnte. Frankreich wurde zunächst als Terroropfer ausgesucht, weil es eine besonders aktive Rolle beim Syrienkrieg spielt. So etwas kann aber jederzeit auch in London, Brüssel oder Berlin in Zukunft passieren.
Was passiert nach einem Sturz von Assad?
Man darf auch die Frage stellen, was bei einem Sturz von Assad passieren wird und wer die Machtlücke dann füllen wird. Es könnte sich ähnliche chaotische Konstellation ergeben wie in Afghanistan ergeben, was auch einmal ein relativ friedliches und tolerantes Land war, bis sich die Großmächte Russland und USA um den Einfluss in diesem Bereich, auch unter den Vorwand der Terrorbekämpfung, bemühten, obwohl aber auch ganz andere rohstoff- und militärstrategische Interessen dahinter stecken. Die Amerikaner wechselten zum Teil ihre strategischen Partner (auch bei der Terrorbekämpfung) wie die Unterhosen, sei es im Iran, Irak oder Afghanistan. Man sollte wissen, dass die Vereinnahmungsversuche auch ursächlich für die Situation im arabischen Raum und der Flüchtlingskatastrophe, mittelbar auch mit dem IS-Staat, der außer Rand und Band gerät, zu tun haben. Inwieweit sich die Talliban in Afghanistan verdrängen lassen, ist auch noch ein ungelöstes Problem. Auch Pakistan ist im Grundsatz ein Pulverfass, wo der amerikanische Einfluss (noch) sehr stark ist. Pakistan ist schon wohlgemerkt eine Atommacht.
Wer blickt da noch durch?
Die Situation im arabischen Raum ist so komplex, dass kaum einer mehr durchblickt. Leider gibt es auch viel zu wenige Journalisten von der Kompetenz eines Peter Scholl-Latour, den ich sehr verehre, die im Nahen Osten mehr Durchblick und mehr Klarheit schaffen können, aber auch die wahre Ursache des Terrors und die Zusammenhänge beim Namen nennen. Es ist zudem ein Unding, dass Deutschland Waffen nach Saudi-Arabien und Katar schickt und mit den Ländern Geschäfte macht, auch wenn dort die Menschenrechte nicht geachtet werden und es dort keine demokratischen Strukturen gibt. Die heuchlerische Politik mit Unterstützern der IS-Kriegern wirft viele ungelöste Fragen auf.
Mögliche Auswirkungen auf die Flüchtlingspolitik
Viele fragen sich aber auch, wie jetzt die Flüchtlingspolitik in Europa fortgesetzt werden soll. Auch hier fehlt es weiterhin an in Europa abgestimmten Aktionen. Die einen fordern Grenzzäune und verschärfte Grenzkontrollen, die andere fordern weiter freie Grenzen. Polen will wegen des Terroranschlags in Paris nun gar keine Flüchtlinge aufnehmen. Auch in Deutschland gibt es seitens der CSU die Forderung, die Kontrollen an den Grenzen zu verschärfen, denn wir müssen wissen, wer nach Deutschland einreist.
Zumindest soll Dublin II wieder hergestellt werden, also ein verbindliche Ordnung für die Registrierung von Flüchtlingen. Theoretisch ist es jetzt leicht möglich, dass auch islamistisch angehauchte Syrer im Rucksack unbemerkt Handgranaten und Pistolen mitschleppen und als Schläfer dann später Aktionen starten. Wer sollte das verhindern können? Auf der anderen Seite muss traumatisierten Moslems aus Syrien, die unmittelbar aus Kriegsregionen stammen und davor fliehen, sofort geholfen werden, was von einigen osteuropäischen Ländern aber abgelehnt wird. Es ist die Frage, ob sich nun ein geordneter Flüchtlingsstrom gewährleisten lässt?
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